Haltung in der Jugendhilfe: Eine kleine Sache mit großem Unterschied

Veränderung bewirken, auch wenn das System an seine Grenzen stößt

Die Arbeit in der Jugendhilfe ist anspruchsvoll und geprägt von Herausforderungen. Überlastung, knappe Ressourcen und komplexe Strukturen gehören vielerorts zum Alltag. Eine aktuelle WDR-Recherche, an der mehr als die Hälfte der 200 Jugendämter in NRW teilgenommen haben zeigt, dass viele Jugendämter in NRW an ihre Belastungsgrenze stoßen. Rund 50 % der befragten Ämter berichten von einer dauerhaften Überlastung, und ein Drittel kämpft mit Personalmangel.

Trotz dieser Schwierigkeiten gibt es eine Konstante, die inmitten dieser Rahmenbedingungen eine große Rolle spielt: die Haltung der Fachkräfte. Die Haltung prägt jede Interaktion zwischen Menschen. Sie kann dazu beitragen, mit Jugendlichen in Kontakt zu kommen und sie in schwierigen Lebenssituationen zu unterstützen.

Warum Haltung mehr verändert als Konzepte

Ein enges Budget und hohe Fallzahlen sind unumstritten belastende Faktoren. Doch unabhängig von diesen äußeren Umständen ist es die Haltung der Fachkräfte, die Jugendlichen nachhaltig erreichen und ihnen einen Weg aus schwierigen Situationen ebnen kann.

In der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zählt die Beziehung und Bindung, die man zu ihnen herstellt. Jugendliche erinnern später weniger die Maßnahmen, sondern wie sich in der Beziehung zum Pädagog:in gefühlt haben.

  • Wertschätzung und Akzeptanz auch, wenn das Verhalten herausfordernd ist
  • Die innere Haltung beeinflusst unser äußeres Handeln.
  • Eine reflektierte Haltung ermöglicht es, traumasensibel zu handeln.

Jugendämter in der Krise – Herausforderungen im System

Die WDR-Recherche verdeutlicht, welche strukturellen Hürden in der Jugendhilfe bestehen:

  • Überhöhte Fallzahlen pro Mitarbeitende (z. B. 65 Familien parallel)
  • Notunterkünfte fehlen, sodass in einigen Fällen Kinder in Jugendämtern übernachten mussten
  • Dokumentationsaufgaben und die Suche nach geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten nehmen viel Zeit in Anspruch
  • Personalmangel führt dazu, dass Bezirke unterbesetzt sind

Diese Herausforderungen zeigen, dass das System an vielen Stellen Unterstützung braucht. Langfristig sind politische Maßnahmen und zusätzliche Ressourcen notwendig, um eine nachhaltige Verbesserung zu erreichen.

Haltung als Ressource für Resilienz

Während strukturelle Veränderungen Zeit benötigen, kann die eigene Haltung unabhängig von den äußeren Umständen eine wichtige Ressource sein. Sie ermöglicht es, auch in herausfordernden Situationen handlungsfähig zu bleiben.

Werte, die Haltung stärken können:

  • Die Orientierung am Kindeswohl steht an erster Stelle.
  • Respekt vor der Lebensrealität der Familien.
  • Eine wertschätzende haltung gegenüber Eltern und Kindern, auch in schwierigen Situationen, stärkt die Beziehungseben und fördert Entwicklung.
  • Empathie und das damit verbundene Verständnis für die Emotionen, Bedürfnisse und Herausforderungen ermöglichtes, gemeinsame Lösungen zu finden.
  • Transparenz und eine klare Kommunikation über Entscheidungen, Prozessen und gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen Sicherheit in einer unsicheren Lebenssituation.
  • Partizipation fördert die Selbstwirksamkeit und stärkt die Beziehung.
  • Ressourcenorientierung lenkt den Fokus auf die Stärken und Möglichkeiten der Familien, anstatt nur auf die Defizite.

Eine professionelle Haltung wird maßgeblich von den zugrunde liegenden Werten getragen. Diese Werte wirken wie ein Kompass, in herausfordernden Situationen. In der Praxis können sie uns Fachkräften Orientierung geben und die Interaktion positiv beeinflussen. Gemeinsame Lösungswege können nur in einer konstruktiven Atmosphäre gelingen.

Gemeinsam neue Wege gehen

Obwohl der Wandel der Strukturen Zeit braucht, können Fachkräfte jeden Tag einen Unterschied bewirken – durch kleine Gesten, Empathie und wertschätzende Haltung.

Du möchtest weitere Informationen dazu lesen, dann empfehlen wir Dir folgende Artikel:

https://www1.wdr.de/nachrichten/jugendaemter-in-not-wdr-befragung-100.html

https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/jugendaemter-ueberlastung-reaktionen-100.html

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